Fortaleza

15 -16 Oktober 2016

Der Samstag geht für die Fahrt nach Fortaleza drauf: erst von Pipa nach Natal, dort zwei Stunden Aufenthalt am Busbahnhof, in denen ich Açai natural mit granola finde und ein paar Cashewnüsse. Ansonsten gibt’s da nix Essbares für mich. Zudem hat Fernando mich motiviert noch konsequenter zu sein- will nichts mehr essen, was eigentlich nur krank macht und unser Körper ist unser kostbarstes Gut, nicht wahr… Das durchzuziehen, ist nicht immer ganz einfach, man eckt an und muss auf Reisen Abstriche machen, aber ohne Ideale und Träume kommen wir nicht mal halb so weit.

Um drei mittags geht’s weiter nach Fortaleza- verbringe die Zeit mit Schreiben, Musik und schlafen. Bin ein wenig nervös, weil der Bus erst nach Mitternacht ankommt und man hier wieder gefährliche Pflaster erwarten muss. Hab nicht vor mich hier lange aufzuhalten sondern will lieber gleich nach Jeri. „Wenn du Zeit sparen willst, dann verschwende nicht viel Zeit in der Stadt- da gibt’s nichts Spektakuläres und die Strände sind auch nicht schöner, dann besser mehr Zeit in Jeri!“ Genau so hab ich das vor. Raus aus dem Bus steuere  ich direkt ein Taxi an und lasse mich ans Hostel fahren. Der Nachtwächter ist total goldig und lieb, zeigt mir mein Bett, Bad, wifi Kennwort. Zähne putzen, Linsen raus, Nachrichten checken, Licht aus.

Frühstück am nächsten Morgen ist dürfig: wieder mal nur schlechter Kaffee – das ist echt ein Phänomen: wieso gibt’s nur schlechten Kaffee, wenn der doch von hier kommt -, Papaya, Banane, weiße Brötchen, billiger Käse und sogenannter Schinken, Margarine und komischer Kuchen, außerdem lieblos gemachtes Rührei. Wo kommt bitte die gute Bewertung dafür bei Booking.com her?? Ja, da bleibt nicht viel für mich. Komme mit Maich, 30, aus Rió und Roman, 29 ‚aus de Palz‘ (so wird er ins Handy eingespeichert) ins Gespräch. Aus Neustadt kommt der Gute- wir amüsieren uns über die Nähe in der Ferne und ich lass gleich mal meinen Slang raushängen- verschdehd jo sunnschd kenna!

Die beiden haben den Tag an einem Strand außerhalb geplant, zu dem man für 35RS mit dem Bus gebracht wird. Riecht für mich schwer nach Touritrip und Abzocke, ich überlege aber trotzdem nicht lange und schließe mich an, denn nach Jeri komme ich heute eh nicht mehr und so bin ich in guter Gesellschaft. Kaum sind wir im Bus, komme ich mir vor wie auf einer Kaffeefahrt. Die Tante vorne labert ohne Punkt und Komma, etwas gekünstelt die gute Laune. Dort angekommen, riesige Restaurantanlage am Strand mit Pool und Duschen. Man will uns eine Buggyfahrt schmackhaft machen. Roman hat wie ich keine Lust drauf. 16Uhr ist wieder Treffpunkt, wir laufen am Strand entlang, weg von den Massen. Überall Kitesurfer im Wasser, je weiter wir kommen desto leerer wirds. Allerdings ist weder das Wasser sauberer noch ist es weniger windig; weit und breit kein Café oder Restaurant mehr. 

Nach kurzem Abkühlen im Wasser finden wir ein Stück weiter eine Sitzgelegenheit im Schatten und tauschen uns bei gekühlter Kokosnuss aus, die wir kaufen um hier sitzen zu dürfen. Roman ist Maschinenbauingenieur, arbeitet hier in Brasilien im Bereich Consulting und macht gerade Urlaub. Er reist viel und gerne, trainiert gerade Handstand auf einer Hand und hat drei Geschwister, die er auch als seine besten Freunde bezeichnet. Irgendwann kommt die Frage, warum ich hier bin. Da wir Zeit haben, fange ich in meiner Geschichte etwa vor zwei Jahren an. Er erzählt von seinen letzten Beziehungen und wir sind uns einig, dass wir lieber alleine bleiben als uns zu binden, nur um sich sicher zu fühlen.

Strandpolizei zu Pferd 

Zeit, was zu essen- wir laufen zurück- man, ist das windig! Am Restaurant treffen wir Maich mit den zwei Mädels, die auch aus dem Hostel mitgekommen sind. Die Mädels bestellen Krebs, die Jungs Fisch und ich frittierte Maniok und Salat, bestehend aus ein paar grünen Blättern, Tomaten, Paprika (auch noch die grünen) und einem Haufen Zwiebeln. Am Ende ist ein Krebs von den Mädels übrig. Roman will ihn essen, bevor er weggeschmissen wird, wirkt aber beim Aufklopfen des Panzers ziemlich unbeholfen und bringt uns zum Lachen. Maich zeigt ihm wie’s geht, will aber selbst nichts haben. „You know that they cook them alive – it’s cruel!“ Auf diesen Kommentar hin wirkt Roman plötzlich gar nicht mehr scharf auf den Krebs. Noch dazu sieht das Innere echt ekelhaft aus. Ich muss schmunzeln, weil ich sehe, wie ihm der Appetit vergeht. „Na dann guten Appetit, Roman!“ Er rührt das Tier nicht an.

Erst lacht er noch!

Irgendwie kommt es dazu, dass ich während des Essens meine Lebensgeschichte und die unserer Familie erzähle mit allen einschneidenden Erlebnissen. Die Jungs wirken beeindruckt und etwas sprachlos. How did you turn out so ’normal‘? Ich scherze: well, you don’t know me yet. How do you deal with all that? You seem to be happy. I’ve never heard a story like this.

‚Wie bist du so normal geworden? Wie kommst du mit all dem klar?  Ich hab noch nie so eine Geschichte gehört.‘ (vielleicht sollte ich doch ein Buch schreiben).

Ich konzentrier mich auf die schönen Dinge im Leben. Hab nichts davon, alles, was schlimm war immer wieder zu betrauern. Es gibt Schlimmeres. Was nicht heißt, dass ich es wegdrücke- ich nehme es an als einen Teil von mir, der mich wachsen lässt, andere Menschen besser verstehen lässt.

Am Japanischen Garten

Zurück in der Stadt schlendern wir gegen Abend erst ein bisschen an der Promenade entlang – komische Gestalten unterwegs hier – dann suchen wir uns einen Baum, wo Roman seine Ringe zum Trainieren befestigen kann. Das wird eine etwas abenteuerliche Aufgabe, doch dann lassen wir alle die Muskeln brennen und testen uns auf der slackline. Tut gut und die salzige Haut mischt sich mit Schweiß.

Danach gönnen wir uns die beste Eiscreme der Stadt und setzen uns bei Mondschein an den Strand. Ich bin voll im Jetzt und Hier – toller Moment!

Wir sind begeistert vom Eis, blicken in leere Becher, schauen uns an, müssen lachen…let’s go for a second one. Also schlappen wir zurück, holen uns noch mehr Eis und gehen wieder an den Strand.

Auf dem Heimweg versorgen wir uns noch mit Obst für die Fahrt am nächsten Tag und ich finde Mandelmilch im Supermarkt – geil – die muss mit! 

2 Gedanken zu „Fortaleza“

  1. Hi, hab heute erstmals deinen Blog gelesen, freue mich für dich und deine Erlebnisse. Denke immer wieder mal an deine Reise und hoffe, dass es dir gut geht und die blöden Momente weniger werden. Lass deinen alten Lover in Ruhe und lass dich nicht aus der Ruhe bringen-das wird sonst doof! Ich denke an dich und werde immer wieder mal von dir lesen, liebe Grüße von Rainer (Papa)…

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  2. Hi Sarah ,
    Gerne lese ich immer regelmäßig deinen Blog. Ich hoffe dir geht es gut .
    Momentan sind Florez und Diego bei Mama. Soraya und Ramón haben Herbst Ferien . Soraya hat zum Geburtstag ein Kindle bekommen und ein neues Handy . Sie Chillt ihr Leben . Ramón war heute beim Frisör und ist happy . Er hat nun auch whats App und hat mein altes Handy bekommen . Timo hat heute Abend sein erstes dart tunier und ich versuche zu entspannen ( mit lesen )
    Ganz liebe Grüße sende ich dir nach Chile ? Oder je nach dem wo du bereits bist …
    dicker Drücker deine Schwester Veronica

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