La Paz, Bolivia

08 – 12 März 2017

Ganze elf Euro kostet uns die Fahrt nach La Paz – können es kaum fassen, dass es so billig ist, keine Klima, braucht man aber auch nicht. Während einer Pause sehe ich zum ersten Mal, wie eine Cholita – das sind die bolivianischen Frauen mit traditionellem Rock und Hut – einfach mitten auf die Straße pinkelt.

Meine Erwartungen von La Paz sind ziemlich niedrig, ich rechne mit kaltem Wetter und dem typischen Chaos einer Großstadt. Doch schon während der ersten Taxifahrt ist der Anblick ins Tal ziemlich beeindruckend. Am späten Vormittag des nächsten Tages bekommen wir interessante Fakten zu Politik, Land und Leuten während der Walkingtour. So gibt es zum Beispiel ein Gefängnis mitten in der Stadt, welches selbst nochmal wie eine eigene Stadt organisiert ist. La Paz gefällt mir: das Wetter ist wärmer als gedacht, schöne Stadtviertel mit süßen Cafés und Restaurants, die Telefericos sind genial und verbinden einen in Minuten mit allen Ecken und Höhen der Stadt, das Auf und Ab der Straßen hat etwas Charmantes.

Im Anschluss an die Tour buche ich mit Debbie die Biketour für die berühmte deathroad, wie laufen nochmal gemütlich durch den Markt, besorgen Zutaten fürs Abendessen und beenden den Tag mit Jean und Johanna, die im selben Hostel schlafen, in einer Bar, welche zu Fuß zu erreichen ist.

Kaffeepause!
Debbie, ich, Jean und Johanna

Am Freitag lernen wir Viktor und Olivier aus Frankreich kennen. Die beiden sind eigentlich alleine unterwegs, aber Olivier hat sich an Victor gehängt, da er kaum ein Wort Englisch oder Spanisch spricht – für Debbie immer wieder unglaublich, wie das funktioniert. Wir verbringen den Tag entspannt, legen einen Organisationstag ein, telefonieren mit Freunden zuhause. So manches verändert sich im Leben meiner Freunde und ich spüre die Distanz – meine Freunde fehlen mir. Genau genommen ist es die Vertrautheit, die ich mit ihnen habe, man kennt sich, öffnet sich und teilt Gefühle und Erlebnisse miteinander. Deshalb tut mir Debbie auch gerade so gut.
Ich unterhalte mich länger mit Viktor. Er ist Barkeeper, hat schon in allen möglichen Ecken der Welt gearbeitet und plant seine eigene Bar zu eröffnen sobald er zurück in Frankreich ist. So stellt sich heraus, dass er auch schon in Toronto gelebt und gearbeitet hat und er kennt die einzige Bekannte, die ich dort habe – so klein ist die Welt. Er macht mir Mut mit seiner Einschätzung, die Stadt wäre gut um schnell Geld zu verdienen. Zudem hat er Kontakte, die mir behilflich sein könnten. In diesem Moment entscheide ich hochzufliegen und buche am nächsten Tag meinen Flug gesetzt auf zwei Tage bevor mein Visum abläuft. Seltsames Gefühl, da mein Herz hier im Süden ist und ich eigentlich gar nicht weg will. Wenn die Sehnsucht zu groß wird, flieg ich einfach wieder runter.

Den Sonnenuntergang wollen wir uns heute von ‚El Alto‘ aus anschauen und laden Victor und Olivier ein uns zu begleiten. Mit dem Teleférico fahren wir hoch bis zur Endstation, finden dort aber keinen ausgemachten Aussichtspunkt. Wir laufen ein paar Schritte und entdecken eine Dachterrasse eines einfachen Wohnhauses. Debbie quatscht mal wieder die Einheimischen an und fragt, ob wir hoch dürfen: der Besitzer mit einem kleinen Kiosk hat nichts einzuwenden, seine kleine Tochter führt uns die Stufen hinauf und so blicken wir kurz darauf vom gefühlt allerbesten Ort ins Tal der Megastadt La Paz. Als die Sonne sich langsam verabschiedet und die vielen kleinen Lichter der Stadt erleuchten, stoßen wir an mit Bier und sind fasziniert vom Lichtermeer und wie sich einzelne Straßen bis tief in die Berge ziehen. Zurück im Hostel kochen wir mit den Jungs Seite an Seite und lassen den Abend gemeinsam ausklingen.

links neben mir Debbie mit kleinem bolivischen Mädchen, Victor und Olivier

Um sieben Uhr morgens bringt uns ein Taxi zum Treffpunkt für die Biketour. Die Deathroad soll die gefährlichste weltweit sein und tatsächlich gibt es immer wieder Unfälle, die ganz selten sogar tödlich enden; dementsprechend nervös ist der eine oder andere. Im Kleinbus werden wir auf 4000 Meter Höhe gebracht, wo uns Schnee und Eiseskälte begrüßen. Wir bekommen unsere Ausrüstung und individuell zugewiesene Mountainbikes. Innerhalb von Minuten schmerzen meine Hände – kaaaaalt! Doch dann gehts los: die Strecke beginnt mit 16km Asphalt, gefolgt von Schotterwegen, mal mehr mal weniger breit, die serpentinenförmig durch die Berge führen. Nach den ersten Kilometern verschwindet der Schnee und der Himmel klart auf. Durch die fast 3000 Höhenmeter, die es insgesamt bergab geht, durchfahren wir verschiedenste Vegetationen und Wärmegrade, müssen kleine Flussläufe überwinden und bekommen Abkühlung von Wasserfällen, die unseren Weg kreuzen. Ein Erdrutsch vom Vortag zwingt uns ganz abenteuerlich durch knöchelhohen Schlamm. Debbie amüsiert sich köstlich, wie ich barfuß pfiensend durch den Schlamm stolpere, da mir bei jedem Schritt Steine in die Fußsohlen stechen. Ich bin ja hart im nehmen, aber meine Füße sind sensibel wie die Prinzessin auf der Erbse!

Abschluss am Pool, der uns Abkühlung verschafft! Dann geht es drei Stunden im Bus zurück und wir halten noch für ein letztes Bild auf dem Weg. Mit jedem Tag wächst mir Debbie mehr ans Herz. Morgen ziehen wir weiter nach Copacabana am Titikakasee.

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