Valdivia

10 – 13 Dezember 2016

Ricardo, mein Couchsurfing Gastgeber, holt mich vom Busterminal ab. Mit einem strahlenden Lachen im Gesicht umarmt er mich und wir laufen zu ihm nach Hause. Wie ich so neben ihm hergehe, spüre ich seine positive lebensfrohe Ausstrahlung, die mich entspannt. In seiner kleinen kuscheligen Wohnung mit vielen Details, die es zu entdecken gibt, plaudern wir bei Chai-Tee und Ricardo wird mir mit jedem Moment sympathischer und vertrauter: er hat eine Flamenco Tanzschule, eine Ausbildung in der Behandlung mit Magneten und besitzt spirituelle Fähigkeiten, die mich faszinieren.

Ricardo’s home

Wieder einmal bin ich erstaunt: Menschen, die uns begegnen, treten nicht durch Zufall in unser Leben. Wenn wir aufmerksam wahrnehmen, uns öffnen, Veränderungen zulassen, werden wir bereichert, begleitet von einem Gefühl tiefer Erfüllung.

Nachdem wir im besten Restaurant der Stadt Falafel Sandwiches essen und echt gutes Bier aus Valdivia trinken, machen wir einen langen Spaziergang, der uns entlang am Fluss mit Seelöwen, durch einen kleinen Markt führt, hin zur anderen Uferseite in eine ruhigere gehobenere Wohngegend. Direkt am Wasser machen wir auf einer Wiese halt und setzen uns ins Gras. Hinter uns die schicken Villen schauen wir auf Schilfgras, Wasser und riesige Wälder. Flora und Fauna sind verblüffend ähnlich zu meiner Heimat in Deutschland. Obwohl wir uns erst seit ein paar Stunden kennen, empfinde ich auch die Stille mit Ricardo als sehr angenehm und so dösen wir im Gras liegend und schlafen sogar kurz ein.

My personal city guide

Im Gras liegen, tief ein- und ausatmen und genießen

Zurück zuhause trinken wir mehr Tee, sein Schüler Nico kommt für eine Stunde vorbei um für einen Auftritt morgen Abend Flamenco Lieder auf der Gitarre zu üben. Danach ruhen wir uns aus, Ricardo zeigt mir seine Lieblingsmusik und gegen elf abends ziehen wir los – ist schön, sich mal wieder rauszuputzen, wenn man sonst dauernd in Sportleggins und T-shirt rumrennt. Ricardo liebt übrigens Hüte, ich habe mindestens zwanzig gezählt.

Sushi!

Erste Anlaufstelle ist ein Sushirestaurant – sehr lecker! Nach einem Bier in der Karaokebar gegenüber, zum Singen kommen wir aber nicht, bringt uns ein Taxi zum größten Hotel der Stadt, das auch einen eigenen Club hat. Dort treffen wir die zwei Jungs, mit denen wir uns schon in der Bar unterhalten hatten. Es gesellen sich noch zwei Mädels dazu und wir quatschen, tanzen, lachen und knabbern Erdnüsse. Irgendwann verabschiede ich mich mit Ricardo und zu zweit fahren wir zurück ins Zentrum in den zweiten Club. Im Außenbereich werde ich überrascht von guter Elektromugge und wir bewegen uns zum Beat.

Was gehört zu einer durchgefeierten Nacht? Essen! Hier gibts weder Döner noch Grieche, also landen wir um fünf morgens bei Subway – ja, da gibts auch was veganes. Begleitet von Vogelgezwitscher laufen wir nach hause und nach einem perfekten Tag schlafe ich lächelnd ein.
Nico kommt am nächsten Mittag mit Brot und wir frühstücken gemeinsam. Die beiden fahren heute für eine Show nach Puerto Montt und ich werde bis morgen mittag alleine sein. Da es den ganzen Tag regnet, verlasse ich die Wohnung heute nur um Essen zu kaufen. Ich mache mal wieder meine Übungen, und kümmere mich um meine Weiterreise. Da ich mich so wohl bei Ricardo fühle und noch ein bisschen Zeit mit ihm verbringen möchte, werde ich einen Tag länger als geplant hier bleiben. Außerdem vermisse ich Brasilien, ich sollte mal länger an einem Ort bleiben, der mir wirklich gefällt.

Am nächsten Tag kaufe ich mein Busticket und alle Zutaten für das Thaicurry, das ich heute Abend für Ricardo kochen werde. Irgendetwas lastet auf mir, aber ich kann es nicht greifen, bin den Tränen nahe. Ich mache einen langen Spaziergang am Flussufer, setze mich auf eine Bank in die Sonne und muss weinen. Ich verstehe selbst nicht so ganz, was in solchen Momenten mit mir los ist. Ich hab kein klares Ziel vor Augen, will nicht zurück in alte Muster, mehr vom Leben, erfüllende Momente mit spannenden guten Menschen teilen.

Ich bereite alles fürs Essen vor und fange direkt an zu kochen als Ricardo abends nach verspäteter Busfahrt heimkommt. Sein junger Cousin, mit dem er zusammenlebt, ist auch da. Die beiden schwänzeln um mich rum, angelockt vom Duft, der aus dem Topf strömt. Bruschetta mit Avocado, Tomate und Walnüssen verkürzt die Zeit des Wartens. Wir stoßen an mit Malbec und mich freuts, dass mein Thaicurry schmeckt. Die Schokopralinen, die ich heute gekauft habe, runden unser kleines Menü ab. Wir reden noch eine ganze Weile und als es Schlafenszeit ist, überlässt Ricardo mir sein Bett und schläft selbst auf dem Sofa. Ganz viel Herz, dieser Mann!

Ricardo hat um zehn eine Schülerin, die er selbst fast vergessen hätte und so haben wir leider nicht viel Zeit am Morgen. Ein letzter gemeinsamer Tee, eine feste Umarmung, er geht und ich verlasse wenig später mit seinem Cousin die Wohnung Richtung Busterminal. Nächstes Ziel Puerto Varas.

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